zwei auf einen Streich

Ich habe einen sehr eingängigen text gefunden, den es lohnt zu lesen, sich selbst zu prüfen und es GUT zu machen ...

Bildung

... ist die Anregung zur ausgewogenen Entfaltung aller Kräfte des Menschen,
die in der Entwicklung einer reifen und ausgewogenen Persönlichkeit mündet,
damit diese in ihrer Einzigartigkeit die Menschheit bereichere. Der gebildete
Mensch hat das "Tiersein" und seine "Ich-Bezogenheit" hinter sich gelassen, es interessiert
ihn, wie die Welt aus anderen Augen aussieht. Sein Selbstwertgefühl ist nicht auf
den Vergleich mit anderen angewiesen. Er ist in der Lage, von seinen unmittelbaren
Interessen zu unterscheiden und auch eine Verantwortung für das Ganze wahrzunehmen. Er
gibt sich nicht mit bloßen Meinungen zufrieden, er ist auch vorsichtig gegenüber
seinen eigenen Urteilen. Er hat die Fähigkeit, Tatsachen und Wertaussagen zu unterscheiden.
Er ist bereit, von anderen zu lernen. Er vermag Argumente zugunsten
und zulasten einer Aussage abzuwägen. Er verfügt über Konzentrationsfähigkeit,
Fleiß, Selbstdisziplin, Selbstständigkeit. Er hat Interesse an einem historischen,
sozialen, politischen, philosophischen und moralischen Horizont. Er hat Urteilskraft
und Fantasie. Er hat die Fähigkeit und den Willen, sich zu verständigen. Er spricht
eine differenzierte, nuancenreiche Sprache, die sich unterschiedlicher Stilelemente
bedienen kann. Er kann es sich leisten, einfache Sachverhalte einfach auszudrücken.
Er ist sich der Geschichtlichkeit seines Daseins bewusst. Das Fremde ist ihm eine
Bereicherung, er haftet nicht am Gewohnten. Er scheut nicht davor zurück, im Bedarfsfall
zu bewerten. Er lehnt Unmenschlichkeit ab, er nimmt Glück wahr. Er ist
offen für letzte Fragen. Er weiß, dass Bildung nicht das Wichtigste ist, er sieht nicht
überheblich am Menschlichen vorbei. Gebildete Menschen haben aneinander Freude.

Jeder, der dies liest, muss sich überfordert fühlen. Es ist ein Ideal, und alle bleiben
notwendigerweise hinter ihm zurück. Das bedeutet nicht, dass man auf solche
Ideale verzichten kann. Vieles ist verwirrend an dieser turbulenten Gesellschaft, aber
die entschiedene Antwort Hartmut von Hentigs ist zutreffend: „Die Antwort auf
unsere behauptete oder tatsächliche Orientierungslosigkeit ist Bildung - nicht Wissenschaft,
nicht Information, nicht die Kommunikationsgesellschaft, nicht moralische
Aufrüstung, nicht der Ordnungsstaat.“


Wenn man glaubt, dass es für die Bildungsprobleme
eine einfache Lösung gibt, dann hat man das Problem nicht verstanden.
Bildung ordnet die geschichtliche Wirklichkeit; sie entdeckt die Linien, die aus
unserer Vergangenheit in die Gegenwart und weiter in eine mögliche Zukunft führen;
sie wägt ab, was bewahrenswert ist, wozu wir uns entschließen können und was
dabei auf dem Spiel steht. „Der überall sichtbare, beschworene und vorgeführte
Wertepluralismus mit seinem Anspruch auf Emanzipation, Meinungsfreiheit und
Selbstverwirklichung signalisiert so gut wie durchgehend, wovon es frei zu sein
gelte, während er für ein Wozu, also für die Auszeichnung eines maßgebenden
Kulturmusters, keinerlei Raum bereitzustellen scheint.“ Das heißt: Die individualistisch-
pluralistischen Vorgaben der Gegenwartsgesellschaft, die Botschaft, jeder
möge nach seiner Fasson selig werden, reichen nicht, sie müssen mit einem Inhalt
gefüllt werden, der sich in der Spätmoderne nicht von selbst versteht. Für den Inhalt
gibt es nur die Alternative: Inhalt kann erstens das Modische, das Verwertbare, das
Spaßige, das Spannende sein, das rasch und massenhaft Zugängliche; die Mediokritäten
einer blinkenden und blitzenden Welt, die informativen Müllhalden des weltweiten
Netzes, die sofort umsetzbare Problemlösung; die aufgeregt-aufregende
Alltäglichkeit; das sensationalistische Erleben und der utilitaristische Zweck; alles,
was „Quote“ bringt. Inhalt kann zweitens das sein, was sich über die Jahrhunderte
bewährt hat; was Generationen von Menschen weitererzählt und überliefert haben,
weil sie es für paradigmatisch, existentiell wichtig und berichtenswert hielten; was
der Idee eines reflektierten, aufgeklärten, demokratiebewussten Individuums - eines
„reifen“, gelassenen und anständigen Menschen - dienlich sein kann. Bildung im
letzteren Sinne findet in der Auseinandersetzung mit dem Besten, das in der Welt
gedacht und verbreitet wurde, statt. Nicht am Gängigsten, sondern am Besten sich
zu schulen – das schafft Vergnügen, ja auch Gemütsruhe, weil es Distanz zu aufdringlichen
Aufgeregtheiten schafft. Am Ende erzeugt es vielleicht sogar ein wenig Glück.


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Außerdem bin ich mit dem Blog umgezogen und werde (nachdem ich mir eine entsprechende Domain gesichert habe) den ganzen blog verlagern. (Ich möchte es auf eigenen Servern und nicht in dennen eines Drittanbieters haben!) Suche nur noch einen guten Hoster bzw. FTP-Server.

Einen ersten Eindruck seht ihr hier:

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Zuletzt aktualisiert: 17. Apr, 22:14

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